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Samen Maier Blog

Zu Besuch am Biohof Schreiber – unserem Bio-Samengärtner

verfasst von DI Doris Kampas am 5. Oktober 2020
in Samen Maier

Steinebrunn liegt im nordöstlichen Zipfel Österreichs – kurz vor der tschechischen Grenze. Hier befindet sich der Biohof von Familie Schreiber – Produzent von etwa 85 verschiedenen Gemüse- und Blumensamen für Samen Maier.

Gemeinsam mit meiner Kollegin Tereza durfte ich Familie Schreiber besuchen und spannende Einblicke in Arbeit und Alltag eines Bio-Samenproduzenten gewinnen.

Familie Schreiber – das sind Siegfried, Gabi, Sohn Christoph und Oma Elisabeth. Die Oma, so erfahren wir sofort, ist eine unentbehrliche Stütze und hilft mit ihren 86 Jahren am Feld noch tatkräftig mit.

Samenfeste Sorten – selbstverständlich bio

Am Biohof Schreiber werden aus Überzeugung ausschließlich samenfeste Sorten angebaut. Diese können – im Gegensatz zu Hybridsorten – immer wieder neu angebaut werden. Wenn du also z.B. von einer Tomate Samen entnimmst und diese einsetzt, so entstehen daraus wieder fruchttragende Tomaten. Bei Hybridsorten hingegen keimen die entnommenen Samen zwar, der Fruchtertrag nimmt allerdings schon im ersten Jahr rasant ab oder ist gar nicht mehr vorhanden.

Siegfried, Gabi und Christoph Schreiber gewähren uns Einblicke in ihre Arbeit als Bio-Samengärtner

„Doch wie gelingt es, dass aus dem Samen einer Ochsenherztomate wieder eine Ochsenherztomate wächst?“

Wichtig dafür, erzählt uns Siegfried Schreiber, sind auf der einen Seite große Abstände zwischen den einzelnen Sorten – denn die Biene fliegt von einer Blüte zur nächsten. Da kann es bei Kreuzungen schon zu spannenden Überraschungen kommen. Zwischen Beeten verschiedener Sorten muss der Abstand sehr groß sein, vor allem, wenn dazwischen keine anderen Pflanzen wachsen. Um den notwendigen Abstand zu reduzieren, setzt Herr Schreiber gezielte Ablenkungsfütterungen ein. Ein Beet mit reich blühendem Basilikum ist ideal. Bienen lieben Basilikum –zum Leidwesen der Imker, da der gewonnene Honig im Geschmack zu scharf wird.

Bienen lieben Basilikum – darum setzt Siegfried Basilikum gezielt als Ablenkungsfütterung ein

„Warum brauchen Kürbis und Zucchini besonders viel Abstand?“

Beim Anbau von Kürbis und Zucchini – vor allem im Hausgarten – besteht die Gefahr, dass es zu Kreuzungen mit Zierkürbissen kommt. Dadurch kann der – eigentlich schon herausgezüchtete – Giftstoff Cucurbitacin wieder aktiviert werden und zu giftigen Früchten führen. Um sicherzustellen, dass es hier zu keinen Problemen kommt, werden die verschiedenen Kürbissorten von Christoph Schreiber auf separaten Feldern – weitab von jeder Wohnsiedlung – angebaut. Er empfiehlt, bei Kürbissen und Zucchini auf die Entnahme der Samen im Hausgarten zu verzichten. Bei diesem Gemüse gehst du letztlich nur mit gekauften Samen auf Nummer sicher.

Ernte ist Handarbeit

Nach diesen ersten Informationen steigen wir direkt ins Geschehen ein. Denn nun geht es schon um die Ernte der Samen. Neben Tomaten und Basilikum wachsen in unmittelbarer Nähe Sonnenblumen, Physalis, Paprika, Fenchel, Lupinen, Lauch, Goldmohn, Zinnien und noch einiges mehr.

Zinnien – auch im Herbst noch wunderschön

 „Wie also werden auf so kleinen Flächen – viel schmäler als die Breite eines Mähdreschers – die Samen geerntet?“

Die meisten Samen müssen mit der Hand geerntet werden, sagt Gabi Schreiber. Und da es für die Samenernte der vielen verschiedenen Pflanzen kaum Anleitungen gibt, hat sie gemeinsam mit ihrem Mann selbst viele Ernte-Methoden entwickelt. Die sind so unterschiedlich wie die Pflanzen selbst.

Die Ernte des in Naturgärten beliebten Goldmohns ist Gabis Aufgabe. Schon vor den ersten Sonnenstrahlen muss sie dazu aufs Feld. Denn sobald es etwas wärmer wird öffnen sich die Schoten und schleudern die Samen in weitem Bogen heraus. So stellt die Pflanze sicher, dass sie sich möglichst rasch und weitläufig verbreitet. Die Ernte muss nicht nur sehr zeitig am Tag erfolgen, sondern vollkommen per Hand. Maschinen würden sofort eine „Stressreaktion“ bei den Pflanzen hervorrufen und damit das rasche Öffnen der Schoten.

Goldmohn: lieblich anzusehen – ganz schön aufwändig in der Ernte

Die Lupinenernte lässt sich weiterhin die 86-jährige Oma nicht nehmen. Dazu pflückt sie die braun gewordenen Schoten ab und löst die Samen aus. Lupinenernte ist eine fortlaufende Aufgabe, denn die Samen reifen von unten nach oben stetig nach.

Lupinen sind viel Handarbeit

„Und wie funktioniert die Ernte von Gemüsesamen. Auch alles händisch?“

Siegfried Schreiber erzählt uns, dass hier sogar noch ein größerer Aufwand notwendig ist. Z.B. bei Physalis – den etwas exotisch anmutenden Erdkirschen. Hier sind Samen und Fruchtfleisch fest miteinander verwachsen. Um die Samen zu lösen werden die Früchte in großen Kübeln mit viel Wasser gemixt, mehrmals umgeleert und gesiebt. Nach vielen Siebvorgängen (das kann bis zu 20 Mal sein) haben sich die Samen letztlich vom Fruchtfleisch abgesondert.

Physalis oder Erdkirsche werden immer beliebter – und wachsen durch das wärmere Klima immer besser. Die Kerne sind fest mit dem Fruchtfleisch verbunden.

Ähnlich läuft die Ernte von Tomatensamen ab – auch hier braucht es mehrere Wasch-, Sieb- und Filtergänge, bis schließlich die Samen bereit fürs Trocknen und die Weitergabe sind. Aufwändig gestalten sich auch die Ernten von Lauch oder Karottensaatgut. Diese Pflanzen sind zweijährig, d.h. sie bilden erst im zweiten Jahr Blüten und Samen. In großen Blütenständen befinden sich zahlreiche Samen. Die ausgereiften Blütenstände werden abgeschnitten und getrocknet. In einem Polsterüberzug werden die Samen schließlich händisch ausgeklopft. Im Überzug deshalb, damit die Samen einerseits nicht verletzt werden und auf der anderen Seite nicht verloren gehen.

Das schlechteste Beet für den Samenanbau

Bis es soweit ist und die Samen geerntet werden, müssen die Pflanzen natürlich zuerst angebaut, gehegt und gepflegt werden. Mit besonders viel Liebe, Aufwand und vor allem Dünger, war zumindest bisher meine Meinung.  Ein Vorurteil, mit dem Siegfried Schreiber – zumindest zum Teil – aufräumt.

Denn Düngen ist Fehlanzeige – schon der Großvater von Siegfried Schreiber wusste das und baute Pflanzen für die Samengewinnung dort an, wo es für Feldfrüchte zu karg war.

„Brauchen die Pflanzen denn keine Nährstoffe um zu wachsen und zu gedeihen?“

Das natürlich, doch keinesfalls in solchen Mengen, wie es z.B. für die Ernte von Feldfrüchten notwendig ist. Ein fruchtbarer Boden produziert zwar wunderbare Pflanzen und Früchte, aber wenig Samen. Um viele Samen zu bilden, braucht die Pflanze Stress. Also Trockenheit und wenig Nährstoffe.

Darum wird auf den Beeten am Biohof Schreiber ausschließlich mit Fruchtfolge und der Einarbeitung von Ernteresten gearbeitet. Gegossen wird ohnedies nicht – obwohl die Region rund um Steinebrunn zur trockensten in Österreich gehört.

Fruchtfolge: zwischendurch ein paar Erbsen müssen als Dünger genügen

„Und wie sieht es mit Anzucht und Pflege der Pflanzen aus?“

Familie Schreiber zieht alle Jungpflanzen aus eigenem Saatgut vor. Dafür gibt es am Biohof einen Folientunnel. Sobald die Jungpflanzen groß genug sind, werden sie ins Freie gesetzt – ohne Ausnahme. Im Vergleich zur Samenproduktion in Glashäusern – wie sie in großen, internationalen Betrieben üblich ist – werden die Pflanzen und damit die Samen wesentlich gesünder und robuster gegenüber Umwelteinflüssen – was sich letztlich in der Qualität beim Wiederanbau zeigt.

Der Pflegeaufwand ist nicht zu unterschätzen. Gabi Schreiber schildert uns beispielhaft die vielen Arbeitsschritte vom Anbau der Tomaten bis zur Samenernte: zuerst werden die Samen in Anzuchttöpfe im Folientunnel ausgesät. Etwas später werden die kleinen Pflänzchen pikiert und umgetopft. Mit den Eisheiligen dürfen sie ins Freie gesetzt werden. Der Boden zwischen den Pflanzen wird laufend mit einer Hacke von Unkraut freigehalten. Kurze Zeit nach dem Pflanzen kommen stabile Tomatenstäbe zu jeder Pflanze, die Pflanzen werden daran angebunden. Wichtig ist nun das regelmäßige Ausgeizen und weitere Aufbinden. Nur dadurch ist garantiert, dass die Tomatenpflanzen genug Früchte bilden und diese für die Samenernte ausreifen. Schließlich kommt es zur laufenden Ernte – und zur sehr kraftaufwändigen Gewinnung der Samen.

besonders gut schauen diese Tomaten ja nicht mehr aus. Für die Samenernte sind sie so überreif ideal.

Damit du dir besser vorstellen kannst – wie viel Kraft notwendig ist: für ein Kilo Tomatensamen werden durchschnittlich 1.000 kg Tomatenfrüchte geerntet, mehrfach gewaschen und gesiebt.

Als Samengärtner wird man nicht geboren

Nach dem sehr interessanten Rundgang zwischen den Beeten dürften wir zum Abschluss noch die Lagerhalle besichtigen. Ein unglaublich guter Duft strömt uns entgegen – so kurz vor Mittag bekommen wir gleich Hunger. :)

Auf einer Palette lagern zu jeweils 25 kg abgepackt, braune Säcke mit Flohsamen, Färberdistel und – Kümmel. Daher also kommt der gute Geruch nach frischem Brot.

Diese Samenmischung ist jedoch nicht zum Brotbacken gedacht, sondern als wilde Insel für Bienen, Schmetterlinge und viele andere nützliche Insekten.

„Beim Anblick des 25 kg Sackes fragen wir uns, wie viel Fläche für den Anbau dafür wohl benötigt wird?“

Nach kurzem Überlegen und Runterrechnen von größere Mengen kommen wir zum Ergebnis, dass für einen 25 kg Sack mit Kümmelsamen 500 m² Anbaufläche benötigt werden. Ein durchschnittlicher Kleingarten also – und das alles mit Handarbeit.

für einen einzigen 25 kg Sack Kümmelsamen benötigt man 500 m² Anbaufläche

„Zum Abschluss eine Frage, die uns noch brennend interessiert: wie wird man eigentlich Samenvermehrer?“

Wie es öfter im Leben so ist, war auch bei Familie Schreiber dieser Weg alles andere als geplant. Gabi Schreiber kam von einem Job bei der Polizei aus Wien auf den Betrieb von Siegfried. Nach einem Versuch mit Selbstvermarktung von bäuerlichen Produkten, der aufgrund der abgelegenen Lage des Hofes nicht so gut gelang, machte das Ehepaar gemeinsam einen Kurs über Samengärtnerei. Damit war der Funke gezündet und die ersten Versuche auf kleinen Beeten begannen. Bald darauf ergab sich die Kooperation mit Samen Maier und mittlerweile werden auf ca. 15 ha Samen gezogen – natürlich ausschließlich biologisch.

Herzlichen Dank an Siegfried, Gabi und Christoph Schreiber für die tolle Führung am Biohof und die vielen, interessanten Informationen!

Beitrag: DI Doris Kampas
Fotocredits: bio-garten

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